Unterschied Soll- und Ist-Versteuerung: Unterschiede und Entscheidungen für Unternehmen

Eine Besteuerung nach vereinbarten Entgelten wird als Soll-Besteuerung bezeichnet – die Umsatzsteuer entsteht also bereits mit der Rechnung, unabhängig von deren Bezahlt. Die Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten als Ist-Besteuerung. Hier entsteht die Umsatzsteuer erst dann, wenn der Kunde die Rechnung bezahlt. Die Unterschiede dieser beiden Optionen möchten wir heute genauer beleuchten.

Soll-Versteuerung

Die Soll-Versteuerung gilt als Regelfall (§ 16 Abs. 1 UStG). Bei dieser Methode müssen Unternehmen die Umsatzsteuer in der Umsatzsteuervoranmeldung melden und abführen, sobald eine Rechnung ausgestellt wird, unabhängig davon, ob die Zahlung bereits eingegangen ist. Mit anderen Worten, die Umsatzsteuer wird erfasst, wenn die Leistung erbracht und die Rechnung erstellt wird („Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten“), nicht erst, wenn das Geld auf dem Konto des Unternehmens eingeht. Die Umsatzsteuer muss damit vorfinanziert werden.

Das kann insbesondere für kleine oder finanzschwächere Unternehmen bei Zahlungsverzögerungen oder -ausfällen Ihrer Kunden zu Schwierigkeiten führen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann eine Ist-Versteuerung beantragt werden. Stell dir diese Situation vor: Du hast als Existenzgründer deinen ersten großen Auftrag ausgeführt, die Rechnung gestellt und die Zahlung steht noch aus. Die Umsatzsteuer muss von dir aber trotzdem vorgestreckt werden. Das kann abhängig von den finanziellen Möglichkeiten und der Verzögerung der Zahlung zu Liquiditätsengpässen führen.

Ist-Versteuerung

Im Gegensatz zur Soll-Versteuerung wird bei der Ist-Versteuerung die Umsatzsteuer erst dann gemeldet und gezahlt, wenn das Geld tatsächlich beim Unternehmen eingegangen ist. Dies bedeutet, dass die Umsatzsteuer auf Grundlage der tatsächlichen Zahlungen („vereinnahmten Entgelte“) erfasst wird. Das kann natürlich Liquiditätsvorteile mit sich bringen – die Umsatzsteuer muss erst an das Finazamt abgeführt werden, wenn man diese durch den Kunden auch tatsächlich erhalten hat.

Voraussetzungen für die Ist-Versteuerung

Nicht jedes Unternehmen kann einfach in die Ist-Versteuerung wechseln. Es sind bestimmte Voraussetzungen zu erfüllen, damit auf Antrag in die Ist-Versteuerung gewechselt werden kann. Auf diese möchten wir hier genauer eingehen.

  • Vorjahresumsatz nicht mehr als 600.000 Euro
    Der Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) hat im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 Euro betragen.
  • oder: Befreiung von der Buchführungspflicht
    Es liegt eine Befreiung von der Verpflichtung, Bücher zu führen und auf Grund jährlicher Bestandsaufnahmen regelmäßig Abschlüsse zu machen nach § 148 der Abgabenordnung (AO) vor.
  • oder: Freiberufliche Tätigkeit
    Die Umsätze werden als Angehöriger eines freien Berufs im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommenssteuergesetzes generiert. Wichtig: Das ist nicht mit „Freelancer“ zu verwechseln.
Historische Umsatzsteuer Gesetze

Wie kann die Ist-Versteuerung beantragt werden?

Die Ist-Versteuerung kann beim Finazamt beantragt werden und muss im Anschluss von diesem auch zuerst genehmigt werden. Für den Antrag ist zwar keine bestimmte Form vorgeschrieben, es empfiehlt sich aber eine schriftliche Stellung des Antrags.

Eine vom Finanzamt erteilte Genehmigung gilt bis auf Widerruf. Dieser erfolgt zum Beispiel, wenn Sie die Umsatzgrenzen überschritten haben und kann in der Regel nur zum Jahreswechsel erfolgen. Ausnahmen gibt es hierbei, wenn zum Beispiel bei der Beantragung bewusst falsche Angaben gemacht wurden.

Ist-Versteuerung für Existenzgründer

Die Ist-Versteuerung für Existenzgründer kann direkt im Fragebogen zur steuerlichen Erfassung beantragt werden. Oder auch später wie oben, wenn man diesen Zeitpunkt bereits überschritten hat. Es gibt hierfür keine Fristen. Der Wechsel ist jederzeit möglich.

Vorsteuerabzug

Nun ist die Umsatzsteuer nicht nur für die Rechnungen relevant, die du an deine Kunden geschrieben hast – sondern auch im Rahmen der Vorsteuer für Rechnungen von deinen Lieferanten. Hier ist es natürlich von Vorteil, die Erstattung der Vorsteuer direkt mit der Rechnungsstellung und nicht erst nach der Bezahlung der Eingangsrechnung zu erhalten.

Genau so verhält es sich hier auch: Für den Abzug der Vorsteuer ist es egal, ob du die Umsätze nach dem Soll- oder Ist-Verfahren versteuerst. Die Vorsteuer kann geltend gemacht werden, sobald die Leistung für dein Unternehmen bezogen wurde und eine ordnungsgemäße Rechnung vorliegt. Die Rechnung muss noch nicht bezahlt worden sein.

Ausnahme sind hierbei Voraus- und Anzahlungen: Hier darf die Steuer erst geltend gemacht werden, wenn die Bezahlung auch erfolgt ist.